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Sebastian

Modernisierung mit Feingefühl: Wie historische Bauernhöfe ihr Gesicht behalten

Aktualisiert am 11.12.2017 in Kulturleben

Tassenbacherhof in Strassen im Osttiroler Pustertal
Tassenbacherhof in Strassen im Osttiroler Pustertal

In Tirol gibt es unzählige Bauern- und Gasthöfe, die schon viele Jahrhunderte überlebt haben. Wer derart geschichtsträchtige Häuser sanieren will, trägt viel Verantwortung. Dabei scheint man sich heute wieder mehr auf die Ursprünge zu besinnen. Ein Beispiel aus dem Osttiroler Pustertal.

Lange hat Margit Aigner gezögert. Bis sie sich entscheiden konnte, ihren uralten Tassenbacherhof im Osttiroler Pustertal zu sanieren, waren Jahre ins Land gezogen, viele Jahre. Heute ist sie froh darüber. „Mit Anfang 20 hätte ich wahrscheinlich alles ruiniert“, sagt sie. Weil sie zu jung gewesen sei. Und weil man in den 70er und 80er Jahren nicht das richtige Gespür für das Alte gehabt habe.

Dafür, so scheint es, hat die 56-Jährige jetzt alles richtig gemacht. Ihr Hof in der Gemeinde Strassen, seit Jahrhunderten im Besitz ihrer Familie, erstrahlt in neuem Glanz. In einem Glanz, der seine Kraft aus der Bewahrung des Alten und seiner Schlichtheit schöpft. Denn trotz massiver baulicher Eingriffe hat der dreistöckige Tassenbacherhof sein Gesicht behalten. Ebenso seine inneren Werte.

Der Weg dorthin war lang. Über zwei Jahre dauerten die Bauarbeiten. Bei einem Gebäude, das so viel Geschichte atmet, ist die Sanierung eine große Herausforderung und benötigt Fingerspitzengefühl. Der frühere Fuhrmannshof mit fast 1.000 Quadratmetern Wohnfläche stammt zum Teil aus dem 15. und 17. Jahrhundert. Die mächtigen Steinmauern sind bis zu 120 Zentimeter dick. Für Margit Aigner war klar: Der Hof muss grundsaniert werden und moderne Standards erfüllen. Aber: Er darf sein Antlitz und seine Geschichte keinesfalls verlieren.


                   Nach der Sanierung: Der Hausflur mit altem Rundgewölbe und modernem Mobiliar.
                Nach der Sanierung: Der Hausflur mit altem Rundgewölbe und modernem Mobiliar.

Obwohl ihr Hof nicht denkmalgeschützt ist, holte sich Margit Aigner Rat beim Denkmalamt in Innsbruck. Zudem brauchte sie eine Weile, den richtigen Architekten zu finden. Der erste, sagt sie, habe einfach alles aushöhlen wollen, der zweite hätte ihr empfohlen, rundherum Balkone anzubringen. Dann sei sie auf Thomas Unterweger aus Lienz gestoßen, ein Spezialist für alte Bausubstanz. Seine Devise: Weniger ist mehr. Sie hatte den richtigen Komplizen gefunden.

Während der Bauzeit erhielt das Haus eine Wärmedämmung der untersten und obersten Geschossdecken. Die Außenmauern blieben ungedämmt. „Das Wichtigste ist, dass man mit all den modernen Materialien den Luftaustausch nicht zerstört“, sagt Architekt Unterweger. Gerade bei alten Häusern sei eine thermische Sanierung immer gefährlich. Vor allem in den 60er Jahren habe man da viele Fehler gemacht und die Mauern mit Zementputz nach außen hin abgesperrt.

Auch die Fassade wurde behutsam instandgesetzt. Statt moderner Dispersionsfarben seien luftdurchlässige Kalkputze verwendet worden, so Unterweger. Zudem wurden neue, schallisolierte Kastenfenster aus Lärchenholz eingebaut, und – weil das Haus noch die alten Einzelfeueröfen hatte – eine zentrale Hackschnitzelheizung installiert.

Die aufwändigsten und teuersten Arbeiten, erzählt Aigner, hätten sich jedoch im Erdgeschoss verborgen, unter dem alten Holzboden aus den 60er Jahren. „Als der herausgerissen war, kam darunter eine 2 Meter dicke Humusschicht zum Vorschein“, sagt die Hausherrin. Die sei dann mit einem Bagger herausgeholt worden: um Platz zu schaffen für ein Betonfundament. Nach rund 600 Jahren wurde der mächtige Hof erstmals auf stabile Füße gestellt.

Bis zum Umbau hatte der Hof kein Fundament, stattdessen eine zwei Meter dicke Humusschicht unter den Grundmauern. Foto: Thomas UnterwegerBis zum Umbau hatte der Hof kein Fundament, stattdessen eine zwei Meter dicke Humusschicht unter den Grundmauern. Foto: Thomas Unterweger

„Während der Fundamentarbeiten mussten wir ständig aufpassen, dass die alten Gewölbedecken nicht einbrechen“, sagt Margit Aigner. Gemeint sind die Rundgewölbe aus dem 15. Jahrhundert und die Kreuzgewölbe im Erdgeschoss, die das Innenleben des Hofs so sehr schmücken. Die Decken hielten stand. Für die Eigentümerin ein Zeichen, dass die Architekten im Ausklang des Mittelalters Genies gewesen sein müssen.

„Heute besinnt man sich wieder mehr darauf, wie gut die alten Baustoffe waren“, sagt Thomas Unterweger. Ein Widerspruch zu einem modernen Innenleben ist das aber nicht. Der Tassenbacherhof hat jetzt im ersten Stockwerk eine 250 Quadratmeter große Ferienwohnung, die nicht nur mit teils schön restaurierten alten Möbeln aufwartet, sondern die Gäste mit viel Luxus wie finnischer Sauna, Sanarium, Induktionsherd und großem Flatscreen-Fernseher verwöhnt.

Neuer Glanz: der restaurierte Tassenbacherhof in Strassen.Neuer Glanz: der restaurierte Tassenbacherhof in Strassen.

Der Berliner Journalist und Fotograf sieht Tirol aus den Augen des Urlaubers, auf den die Berge eine geradezu magische Anziehungskraft haben. Wandern und Bergsteigen sind für ihn das reine Glück. Da findet der Großstädter in seine Mitte zurück.

Sebastian
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