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Michael

Bergführer im Porträt: Guido Unterwurzacher und der Wilde Kaiser

Aktualisiert am 08.05.2023 in Menschen

Kaisergebirge Wilder Kaiser

Sein Onkel nahm den damals zwölfjährigen Guido Unterwurzacher mit zu einer Klettertour am Wilden Kaiser. Heute ist Guido selbst Bergführer und Profi-Kletterer. Der gebürtige Goinger sucht das Abenteuer, wo es sich ihm bietet.

Ein Zwölfjähriger hangelt sich an der Südostwand der Fleischbank empor, einer der bekanntesten Felsflanken am Wilden Kaiser. Es ist ein Sommerferientag Ende der Neunziger Jahre und die erste richtige Klettertour für den jungen Guido. Sein Onkel, Tom Unterwurzacher, hat ihn mitgenommen. An diesen Tag sollte sich Guido auch Jahre später genau erinnern, denn damit fing für ihn alles an. „Wie ich als kleiner Knirps da hochkam zu den riesigen Wänden, das war sehr imposant. Am Nachmittag kam sogar noch eine Gewitterzelle auf uns zu und hat uns ordentlich eingeregnet. Das sind solche Erlebnisse, die sich einfach ins Gedächtnis einbrennen“, sagt Guido Unterwurzacher fast dreißig Jahre später.

Aus dem zwölfjährigen Buben ist inzwischen ein Profi-Kletterer und Bergführer geworden, der in Kirchdorf in Tirol eine Alpinschule betreibt. Aufgewachsen ist Guido in Going, an der Ostseite des Wilden Kaisers, direkt unterhalb von Hochgrubachspitze, Ackerlspitze und Maukspitze. Darum gefällt ihm diese Seite dieses Gebirges auch am besten: „Weil ich da schon als kleines Kind immer hochgeschaut habe.“

In Going am Wilden Kaiser aufgewachsen: Bergführer und Kletterer Guido Unterwurzacher.In Going am Wilden Kaiser aufgewachsen: Bergführer und Kletterer Guido Unterwurzacher.

 

Der Wilde Kaiser aus der Ferne. In der Bildmitte klar zu erkennen: Das Ellmauer Tor.Der Wilde Kaiser aus der Ferne. In der Bildmitte klar zu erkennen: Das Ellmauer Tor.

Frühmorgens wandern wir los in Richtung Ellmauer Tor.Frühmorgens wandern wir los in Richtung Ellmauer Tor.

Guidos Wunderwelt

Es ist noch nicht mal sieben Uhr morgens. Guido kommt direkt von einer Kletterpartie in den Dolomiten, er wirkt müde. Heute wandert er mit mir zur Hinteren Goinger Halt. Sie gilt als der am einfachsten erreichbare Kaisergipfel im Bereich des Ellmauer Tores. Das Schönste hier ist definitiv die Aussicht auf die steil abfallenden Felswände von Fleischbank, Christaturm, Totenkirchl oder Predigstuhl. Von dort aus hat man einen guten Ausblick auf einige bekannte Kletterrouten am Wilden Kaiser. Sie tragen Namen wie Goinger Wunderwelt. Des Kaisers neue Kleider. Buhl Quergang. Spiel der Narren.

Für ihn sei das Klettern nie eine rein sportliche Betätigung gewesen, sagt Guido, sondern die Suche nach dem Abenteuer. Und das fand er direkt vor seiner Haustür. 2009 schaffte Guido mit „des Kaisers neue Kleider“ die Wiederholung einer der schwierigsten Mehrseil-Routen gesamten Alpenraum. Diese Route bewegt sich teilweise im oberen zehnten Schwierigkeitsgrad. Der maximal mögliche Schwierigkeitsgrad im Klettern liegt derzeit bei Elf. „Da spielt neben der Fitness auch die mentale Geschichte, also dass man nicht die Nerven verliert, eine große Rolle.“

Im Schatten des Wilden Kaisers wandern wir los. Der Himmel leuchtet makellos blau und verspricht einen heißen Sommertag. Guido trägt kurze Hosen, Turnschuhe, T-Shirt, rotes Fleece, Rucksack und Sonnenbrille. Ein normaler Wanderer eben. Allerdings einer, der 65 Jahre nach dem berühmten Alpinisten Hermann Buhl den legendären „Buhl Quergang“ erstmals frei durchkletterte, im neunten Schwierigkeitsgrad. Vorbei an den alten Originalhaken, an welchen sich Buhl damals – vor sieben Jahrzehnten – wohl hinüberhangelt hatte, wie Guido vermutet: „Bei allem Respekt vor dem Herrn Buhl, aber im neunten Grad ist er wahrscheinlich nicht geklettert mit den genagelten Schuhen oder den Filzpatschen.“

„Eine Mischung aus Spielplatz und Labyrinth“ nennt Guido den Wilden Kaiser. Ich schaue während unserer Wanderung immer wieder nach oben. Neben gut gesicherten Sportkletterrouten gibt es am Kaiser noch immer alte Routen, die so aussehen wie zu den Zeiten von Hermann Buhl vor sechzig, siebzig Jahren. „Das ist das Interessante am Wilden Kaiser“, sagt Guido zu mir, „das ist wie lebendiger Geschichtsunterricht. Man erlebt immer noch hautnah mit, was die Leute damals vollbracht haben.“

Kaisergebirge Wilder Kaiser

Abschluss an der Kletter-Uni

Wir erreichen das Ellmauer Tor und machen eine Pause. Guido setzt sich auf einen Felsen und lehnt sich zurück. Hier oben öffnet sich der Blick hin zur wilden Nordseite des Kaisergebirges. Guido erzählt mir von seinem Onkel Tom, der bei einer Bergtour im Zillertal direkt neben ihm dreißig Meter weit abstürzte und sich dabei mehrere Wirbel brach. Bei diesem Unfall habe er gemerkt, dass Routine das Gefährlichste sei, sagt Guido. „Angst ist für mich eine Alarmglocke, die mir sagt: Okay, jetzt musst Du Dich konzentrieren. Sie hemmt mich aber nicht. Ich weiß, wenn ich jetzt keinen Fehler mache, dann geht das gut aus.“

Am Wilden Kaiser hat Guido alles gelernt, was er heute über die Berge weiß. „Nach der Begehung von ‚Des Kaisers neue Kleider‘ hat sich das für mich wie ein Abschluss an der Kletter-Uni angefühlt.“ Diese gesammelten Erfahrungen nutzte Guido auf anderen Bergen der Welt. Zum Beispiel in Patagonien. Pakistan. Marokko. Alaska. Kanada. „Das Schöne ist dann trotzdem immer das Heimkommen. Man muss sich gar nicht so sehr umschauen und nach Abenteuern suchen, weil die oft hinter der eigenen Haustür warten.“

Ort: Wilder KaiserOrt: Wilder Kaiser

Die Fleischbank (rechts) verbindet Guido mit Kindheitserinnerungen an seine erste Klettertour.Die Fleischbank (rechts) verbindet Guido mit Kindheitserinnerungen an seine erste Klettertour.

Ort: Wilder KaiserOrt: Wilder Kaiser

„Oben lassen sie ihre Maske fallen“

Seine Erfahrungen gibt Guido als Bergführer an andere weiter. Für ihn sei es immer eine intensive Erfahrung, wenn er mit einem guten Freund oder mit einem Gast in die Berge gehe, erzählt er. Guido kennt das Gefühl, eine schwierige Route geschafft zu haben, genau. „Jeder hat vor dem Aufstieg seine Maske auf, spricht noch von seinem Können und seinem technischen Wissen. Erst auf dem Weg nach oben – oder am Gipfel – lassen die Menschen ihre Maske fallen und zeigen, wer sie wirklich sind. Das sind die Begegnungen, wegen denen ich den Beruf des Bergführers so gerne mag.“

Das Kletterrevier am Wilden Kaiser sei für ihn auch als Bergführer ideal, weil man die Zustiege schnell erreiche und man schöne Klettertouren machen könne – sowohl mit Anfängern oder Familien, als auch mit Fortgeschrittenen. „Für uns ist es der ideale Standort, um auch Kletterkurse anzubieten – für solche, die das Klettern lernen und andere, die sich weiterbilden wollen.“ Meistens klettert Guido mit seinen Gästen entlang leichter Grate im dritten oder vierten Schwierigkeitsgrad. Immer häufiger bekommt er inzwischen auch Anfragen von Leuten, die auch mal eine schwierigere Route klettern möchten, sich das alleine aber noch nicht zutrauen.

Als Guidos heutiger Gast genieße ich unsere Bergwanderung zur Hinteren Goinger Halt sehr, auch wenn das für ihn vielleicht nicht in die Kategorie „Abenteuer“ fällt. Wir queren einen Hang und kraxeln über ein paar Felsstufen. Schließlich erreichen wir den Gipfel in 2.192 Metern Höhe. Guido klettert fürs Foto auf eine Felsnadel neben dem Gipfel, von Müdigkeit ist bei ihm nun nichts mehr zu bemerken.

Guidos Autogramm im Gipfelbuch.Guidos Autogramm im Gipfelbuch.

„Der Wilde Kaiser wäre ein cooler Typ.“„Der Wilde Kaiser wäre ein cooler Typ.“

Schlafen über dem Abgrund

Er erzählt mir von seinen Kletter-Projekten, zum Beispiel am El Capitan im Yosemite Valley. „Das ist voll geil, wenn man fünf, sechs Tage in der Wand abhängt, in der Wand schläft und Essen und Trinken in der Wand dabeihat. Man schläft in einem Porterledge, einer Art Matte, die man ausklappen kann. Über einem 800-Meter-Abgrund. Das ist, was mich zurzeit am meisten reizt.Aber es gibt nichts Besseres, als ein gesundes Kind“, schiebt Guido nach und meint damit seinen Sohn Xaver. „Das ist das Größte Geschenk.“ Bald möchte Guido auch seinem Sohn zeigen, was er am Leben so mag: Bergsteigen und Klettern. „Wenn es ihn interessiert, zeige ich ihm meinen Weg. Ich würde es schön finden, wenn es ihm auch so gefallen würde wie mir. Aber das muss nicht sein.“ Bei den Bergen die Xaver umgeben wäre es kein Wunder, wenn er das Bergsteigen lieben lernt.

„Wenn es Xaver interessiert, zeige ich ihm meinen Weg.“„Wenn es Xaver interessiert, zeige ich ihm meinen Weg.“

Ort: Wilder KaiserOrt: Wilder Kaiser

 

Vom Großglockner bis zur Wildspitze, vom Großvenediger und dem Wilden Kaiser bis zum Olperer: In einer fünfteiligen Porträtserie erzählen wir diesen Sommer die Geschichten von fünf Tiroler Bergführern und ihren Hausbergen.

Falls ihr auch mit Guido Unterwurzacher oder einem seiner Kollegen am Wilden Kaiser auf (Kletter-)Tour gehen wollt, findet ihr hier den Kontakt: www.alpinschulerocknroll.at

Michael Gams ist in seiner Freizeit viel im Land unterwegs: Beim Wandern, Mountainbiken, Freeriden und Skitouren gehen entdeckt er die schönsten Plätze.

Michael
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