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Freies Spiel

Aktualisiert am 02.12.2019 in Magazin

Fotos: Roderick Aichinger

Freies Spiel

Wie man einen Tiroler aus der Reserve lockt? Man fordert ihn zum Perlaggen, Doz’nhacken oder Tschongelen heraus. Mit diesen neun traditionellen Tiroler Spielen wird einem auf der Hütte bestimmt nicht langweilig.

1. Bieten

Es braucht: 2 bis 5 Spieler; Deutsches Blatt mit 33 Karten (Ass bis 7 plus Schellen-6er, genannt Weli)

Bieten ist der kleine Bruder des Perlaggen (siehe Punkt 2) und heißt eigentlich: Bluffen – denn neben Glück braucht man vor allem Spielwitz und ein gutes Pokerface. Das Spiel wird in Runden gespielt. Spieler können Stiche und Punkte machen, indem sie ihre Karten genau analysieren und eine sogenannte Figur bieten: Ich habe das höchste Herz von allen! Die anderen müssen entsprechend taktieren. Es gewinnt der Spieler, der nach mehreren Runden als Erster eine vereinbarte Punktzahl erreicht. Früher galt Bieten als Spiel der Flößer und der Säumer, die Baumstämme auf Wasserstraßen und Waren mit Eseln und Pferden über die Alpenpässe transportierten. Männer vieler Worte waren das nicht. So entstand wohl auch die eigene Spielsprache: „Di Grian“ (ich biete auf Laub), „di roatn“ (ich biete auf Herz), „schaugn“ (ich halte das Gebot), „guad“ (ich halte das Gebot nicht).

Freies Spiel

2. Perlaggen

Es braucht: 2, 4 oder 6 Spieler, immer 2 gegen 2; Deutsches Blatt mit 33 Karten (siehe Bieten)

Es heißt, dass 1833 zwei Kanzleiangestellte und zwei Forstbeamte im Bozener Gasthaus „Pfau“ zum ersten Mal gegeneinander perlaggten. Worum die ungleichen Stubenhocker spielten, wissen wir nicht. Es muss aber ein Heidenspaß gewesen sein, denn das vergnügliche Kartenspiel wurde schnell über Südtirol hinaus, vor allem um Innsbruck herum, beliebt. Das Wort Perlaggen kommt vom italienischen „Berlicche“, der Teufel. Vielleicht heißt das Spiel so, weil es recht wild zugeht: Beim Perlaggen dürfen sich die Spielpartner nur per Zeichensprache austauschen. Gleichzeitig gilt es, seine Gegner pausenlos abzulenken, Unfug zu reden und Wahres für Falsches auszugeben. Seit fast 150 Jahren kämpfen die besten Trickser und Täuscher jeden Frühling auf dem Perlaggerball in Imst um den Königstitel. Wer das Perlaggen flüssig beherrscht, darf sich auch Hüter eines Kulturgutes nennen – die österreichische UNESCO-Kommission krönte das Kartenspiel 2016 nämlich zum immateriellen Kulturerbe.

3. Schnapsen

Es braucht: 2 Spieler; Französisches Blatt mit 20 Karten (Ass bis 10)

Im Mittelalter versuchten Kirche und Staat mal wieder, dem Volk den Spaß am Spiel zu verderben, und stellten das Karteln um Geld unter Strafe. Das Volk ließ sich den Spaß aber – mal wieder – nicht nehmen und zockte fortan um Alkohol, bevorzugt Schnaps. Seinen Namen erhielt das Schnapsen aber nicht von hochprozentigen Getränken, sondern von der höchsten Karte: „Schnappen“ bedeutet „mit Trumpf stechen“. Jeder Spieler bekommt fünf Karten. Der Trumpf wird durch das Aufdecken der obersten Karte des verbleibenden Stapels ermittelt. Dann müssen die Duellpartner möglichst viele Stiche machen (die höchste Augenzahl gewinnt) und ziehen danach jeweils wieder eine Karte. Das Spiel endet, wenn einer 66 Punkte erreicht hat. Während des Spiels sollte man aber nicht zu tief ins Schnapsglas schauen, denn man braucht viel Konzentration.

4. Strohmandeln

Es braucht: 2 Spieler; insgesamt 54 Karten (Französisches Blatt mit 32 Karten und 22 Tarockkarten)

Tarock ist die Mutter einer großen Kartenspielfamilie. Seit der Erfindung 1425 breitete es sich in vielen Ländern Europas aus und ließ sich in zahlreichen Varianten nieder – als Tarocco in Italien, als Tarot in Frankreich. In Österreich spricht man vom Strohmandeln oder Strohmanntarock. Jeder Spieler hat drei Stapel à vier Karten vor sich liegen – und muss hoffen, dass er gute Karten hat, um einen Stich zu machen. Auch mit zwei Spielern ist Tarock ziemlich anspruchsvoll. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hielten Kenner die Feinheiten des Spiels schriftlich fest: „Rechthaberey“, Kartenzupfen, Motzen und Protzen sind nicht gern gesehen. Wer aber stets Contenance bewahrt und als Sieger nicht „übermüthig“ wird, darf darauf hoffen, „den Mond zu fangen, Ruhm zu erlangen“ oder „wenigstens ein paar Damen zu schmieren“. Immerhin waren schon Mozart, Brahms und Sigmund Freud begeisterte Tarockspieler.

5. Tschongelen

Es braucht: beliebig viele Spieler ab ca. 12 Jahren; 5 glatte Steine(kleiner als eine Walnuss, größerals eine Haselnuss), Tisch

Der Name erinnert ans Jonglieren, und wirklich braucht man beim Tschongelen neben Konzentration und Koordination vor allem Fingerfertigkeit. Erste Übung: Ein Spieler wirft alle Steine möglichst weit verstreut auf den Tisch. Einen davon wirft er dann in die Höhe, schnappt sich mit derselben Hand schnell einen weiteren Stein vom Tisch und fängt den ersten Stein wieder auf. Das Spiel wird immer schwieriger. Denn nun muss der Spieler erst zwei, dann drei und zuletzt vier weitere Steine vom Tisch nehmen, ehe er den hochgeworfenen Stein wieder auffängt. Zweite Übung: Ein Spieler wirft alle Steine in die Luft – je niedriger desto schwerer –, und versucht, möglichst viele mit dem Handrücken aufzufangen. Hat er etwa drei Steine erwischt, muss er diese erneut hochwerfen und regulär auffangen. Nur die Steine in der Hand zählen jeweils einen Punkt. Dann ist der nächste an der Reihe.

Freies Spiel

6. Guzimann

Es braucht: beliebig viele Spieler ab 14 Jahren; 1 Stein pro Spieler (eher flach), 1 Konservendose

Wer hat Angst vorm Guzimann? Niemand! Im Tirolerischen bezeichnet man mit dem gruseligen Namen nämlich einen Wächter. Zuerst markieren die Spieler mit einem Halbkreis die Wurflinie und die sogenannte Gefahrenzone, in der eine Dose aufgestellt wird. Dann die erste Wurfrunde: Wer seinen Stein am weitesten von der Dose weg wirft, ist der Guzimann und muss an der Grenze des Gefahrenkreises wachen. Nun wird ein beliebiger Stein auf die Dose gelegt, und ein Spieler nach dem anderen versucht, die Dose zu treffen und diesen Stein so in die Gegend zu schleudern. Gelingt das nicht, muss sich der Spieler nach dem Wurf zu seinem Stein stellen, ohne ihn zu berühren. Berührt er ihn doch und steht dabei in der Gefahrenzone, kann ihn der Guzimann abklatschen und zum neuen Wächter ernennen. Trifft ein Spieler die Dose, können alle, die sich im Gefahrenkreis befinden, fliehen, bis der Guzimann den Stein geholt und die Dose wieder am selben Platz aufgestellt hat. Trifft niemand die Dose und alle Spieler sind gefangen, müssen sie den Wächter ablenken, um zu entkommen; zum Beispiel, indem ein Spieler scheinbar nach dem Stein greift, um den Guzimann von einem anderen wegzulocken. Sobald ein Spieler befreit ist, hat er wieder die Chance, mit dem nächsten Wurf einen Treffer zu landen und die Gefangenen zu erlösen.

7. Kuhschwanzen

Es braucht: mindestens 3 Spieler; je 21 Spielmarken, 1 Würfel

Das Spiel ist schnell erklärt: Jeder Mitspieler legt vor sich ein Dreieck aus 21 Spielmarken in sechs Einzelreihen aus (siehe Illustration unten): Das ist der Kuhschwanz. Nacheinander wird gewürfelt. Würfelt man eine Eins, darf man die erste Reihe aus dem Kuhschwanz entfernen, würfelt man eine Zwei, die zweite Reihe und so weiter. Würfelt man eine Zahl erneut und hat die entsprechende Reihe schon entfernt, muss man aussetzen. Gewonnen hat derjenige, der den Kuhschwanz zuerst weggewürfelt hat. Der Sieger erhält alle noch auf dem Tisch liegenden Spielmarken. Der wahre Reiz des Kuhschwanzens liegt in der Wahl der Spielmarken: Keiner hat nämlich behauptet, dass diese aus Holz oder Plastik bestehen müssen. Smarties, Kekse oder Kartoffelchips klingen schon interessanter. Mit Münzen wird das Spiel noch spannender. Und manche Tiroler über 18 spielen auch mit Schnapsstamperln – dann hat das Spiel allerdings nicht viele Runden und der Sieger wird sich an den Triumph kaum erinnern.

Freies Spiel

8. Doz’nhacken

Es braucht: beliebig viele Spieler; 1 Kreisel

Der Ur-Doz’n ist ein spitzer Holzkegel mit einem Nagel im Kopf, um den man eine Schnur wickelte. Es ist eine Kunst, die Schnur so kräftig zu ziehen und den Kreisel zugleich derart gezielt aufzusetzen, dass er auf dem Boden tanzt und singt. Heute kaufen wir unseren Kreisel meist im Spielzeugladen. Das Spielprinzip bleibt dasselbe: Man markiert einen Kreis von 40 bis 60 Zentimetern Durchmesser auf dem Boden und legt eine Münze in die Mitte. Wer es schafft, die Münze mit dem Doz’n aus dem Kreis zu „hacken“, darf sie behalten. Ursprünglich wurde Doz’nhacken nur vom Faschingssamstag bis zur Karwoche gespielt. Spätestens am Ostersonntag hörte der Doz’n auf sich zu drehen.

Freies Spiel

9. Der Pfarrer von Inzing hat’s Kappl verlor’n

Es braucht: mindestens 3 Spieler, die schon sprechen können

Vielleicht ist dem Pfarrer von Inzing sein Kapperl vor Schreck vom Kopf gerutscht, als 1848 das Gerücht ging, in der Dorfkirche hätten Maria und das Jesuskind auf einem Bild Mund und Augen bewegt. Bald strömten Wallfahrer nach Inzing – und der Pfarrer stand „oben ohne“ da. An dieser Stelle der Geschichte setzt das Spiel ein: Jeder Spieler erhält eine Nummer. Spieler 1 sagt: „Der Pfarrer von Inzing hat’s Kappl verlor’n und gefunden hat’s …“ – „Spieler 3“. Eine Kettenreaktion beginnt:

Nr. 3: Was i? Nr. 1: Ja du! Nr. 3: I net! Nr. 1: Wer dann? Nr. 3: Spieler 2 (zum Beispiel) Nr. 2: Was i? Nr. 3: Ja du! Nr. 2: I net! Nr. 3: Wer dann?

Und so weiter. Wer einen Fehler macht und den Sprachfluss unterbricht, muss 50 Cent zahlen – zum Beispiel in eine Gemeinschaftskasse für den nächsten Tirolurlaub.

10. Watten

Es braucht: 4 bis 6 Spieler; Deutsches Blatt mit 33 Karten (Ass bis 7 plus Schellen-6er, genannt Weli)

Dass das Watten hier an der letzten Stelle angeführt ist, hat folgenden Grund: Es ist eigentlich gar kein Spiel. Watten ist den Tirolern nämlich so ernst, dass es hierzulande Preisturniere gibt und in so mancher Mittagspause dafür trainiert wird. Selbst die Jüngsten nutzen ihre Schulpausen, um die Watter-Fähigkeiten zu perfektionieren. Die Grundregeln sind einfach: Zwei gegenübersitzende Personen bilden ein Team und jeder Spieler erhält fünf Karten. Der Geber und sein Gegner zur Linken bestimmen den Trumpf, in dem sie "Schlag" (Ass, Zehner etc.) und "Farbe" ansagen. Die Runde (und damit zwei Punkte) gewinnt, wer drei Stiche macht. Die Partie ist mit 11 (mancherorts auch 15) Punkten gewonnen. Komplizierter ist es hingegen, sich auf eine der vielen Untervarianten zu einigen: Etwa "kritisch", "ladinisch" oder "kritisch ladinisch". Echte Profis spielen natürlich ausschließlich "ladinisch", alles andere wäre zu einfach. Wer behauptet, damit würde das Spiel zum reinen Glücksspiel, erntet böse Blicke. Denn eine Siegeschance haben nur jene, die aus den Spielzügen der anderen lesen können, welches Blatt noch in der Hand ist.

Freies Spiel

Pauline Krätzig schreibt am liebsten über Menschen – deren Kultur, Geschichte(n) und Traditionen. Davon gibt es in Tirol jede Menge. Und verdammt guten Latschenlikör.

Pauline
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